Claudia Winter – Das Honigmädchen

Claudia Winter – Das Honigmädchen

rezensiert von Nicole am 07.04.2019
-Rezensionsexemplar-

Titel: Das Honigmädchen
Reihe: abgeschlossenes Buch
Autor: Claudia Winter
Genre: Roman
Verlag: Goldmann
Seitenanzahl: 448
Erscheinungsdatum: 18.03.2019
ISBN-10: 3442485746
ISBN-13: 978-3442485741
Bildquelle/Klappentext: Amazon

Die alleinerziehende Camilla kämpft an allen Fronten: Täglich muss sie sich im väterlichen Delikatessenhandel beweisen, während ihre fünfzehnjährige Tochter Marie gegen sie rebelliert. Und dann wird sie auch noch nach Südfrankreich geschickt, um mit einer Honigmanufaktur zu verhandeln – im Gepäck das tobende Mädchen und ihren nervtötenden Nachbarn, der sich ihnen spontan angeschlossen hat. Kein Wunder, dass sich das pittoreske Bergdorf Loursacq zunächst als wenig heilsam für die angespannten Gemüter erweist. Doch Camilla krempelt die Ärmel hoch – und lernt zwischen Tomatenstauden, Rebstöcken und Olivenbäumen, dass die guten Dinge im Leben erst dann auf zarten Flügeln herbeifliegen, wenn man bereit für sie ist …

Camillas Leben ist aus den Fugen geraten, ihre Ehe ist gescheitert, sie hat keinerlei Einfluss mehr auf ihre Teenager-Tochter Marie und sie versinkt in der ihr selbst auferlegten Arbeit in der Firma ihres Vaters.

Ob es dann also eine gute Idee ist, eine Reise in das Bergdörfchen Loursaq nach Südfrankreich zu unternehmen, wenn Camilla ihre Tochter sogar mehr oder weniger dazu zwingen muss, in das Auto zu steigen?

Ihr ahnt es sicher schon, es wird nicht einfach für die beiden Großstädterinnen, aber sie bekommen in Frankreich beide neue Impulse, die alles für sie ändern werden. Sie wachsen über sich hinaus, reflektieren sich selber und ihre Interessen verschieben sich.

Klar findet ihr in „Das Honigmädchen“ auch die eine oder andere Liebesgeschichte nebenher laufen, aber hier steht ganz klar die Mutterliebe und generell die Beziehung zwischen Mutter und Kind im Vordergrund. Da ich selber einen Sohn im gleichen Alter wie Marie habe, konnte ich mich absolut in Camilla rein empfinden. Es hat sich alles so echt angefühlt. Später habe ich erfahren, dass die Autorin selber gar keine eigenen Kinder hat. Diese Tatsache hat mich mehr als erstaunt, denn die Geschichte von Mutter und Tochter hat sich wahnsinnig authentisch lesen lassen. Ein großes Kompliment also an dieser Stelle von meiner Seite an die Autorin.

Der Einstieg in das Buch ist klasse, man ist gleich mitten drin in der großstädtischen Alltagsatmosphäre mit den Familienproblemen, die dem einen oder anderen sicher bekannt vor kommen werden.
Ich denke, jeder kann sich hier an irgendeiner Stelle im Buch wieder finden und identifizieren, was dieses Buch automatisch zu einem echten Gefühlsbuch macht, welches man nicht einfach so zuschlägt, wenn man es beendet hat, sondern es noch eine Weile nachwirken lassen muss.

Leider hatte der Mittelteil so ein paar Längen für mich, es gab Zeitsprünge, die mir zu schnell gingen, so dass mir das Gefühl zur Story stellenweise etwas abhanden gekommen ist, jedoch hat das letzte Buchdrittel alles wieder raus gehauen und wett gemacht.
Die letzten 150 Seiten waren so emotional, dass mir zwischendurch genauso schwindelig wurde wie Camilla, als sie so gewisse Momente des Erkennens oder Zweifel hatte.
Unerwartete Familiengeheimnisse werden an so einigen Stellen von vielen Seiten ans Licht gebracht und es wurde mir vor Augen geführt, wie wichtig und unabkömmlich das eigene Vertrauen in sich selbst ist. Die Geschichte hat mir gezeigt, dass man als Einzelkämpfer nicht weit kommt und genereller Zusammenhalt einfach sehr wichtig ist und das Leben zusätzlich nur bereichern kann. „Etwas weniger Stolz und etwas mehr Hartnäckigkeit“ sind übrigens gute Wegbegleiter, eine Botschaft, die ich auch aus der Geschichte mitgenommen habe.
Vielleicht haben mir das die Bienen gesagt, die hier in der Geschichte natürlich einen ganz besonderen Stellenwert bekommen, vielleicht haben mir das aber auch die Bewohner von Loursaq vermittelt. Das malerische Örtchen, welches ganz automatisch zum Innehalten einlädt und dem Leben durch das Naturverbundene ganz automatisch einen ganz anderen Stellenwert gibt, hat sein übriges getan.
Gerade, wenn man aus der Großstadt kommt, wie Camilla und Marie, ist man sicher erst mal geblendet von den vielen überwältigten Eindrücken des Landlebens und der generell anderen Lebensphilosophie.
Aber Loursaq sollte ja eigentlich nur stellvertretend für alle Orte dieser Welt sein. Man muss mit sich im Reinen sein, man muss ein offenes Herz haben, sich und anderen Vertrauen schenken können und man muss verzeihen können. Dann kann man sicher auch zufrieden auf einem winzigen Balkon in einer versmogten Großstadt, mit hupenden Autos im Hintergrund sitzen und muss nicht zwingend auf einer einsamen, duftenden Wildwiese, dem Summen der Bienen lauschend, liegen und in den blauen Himmel schauen, um glücklich zu sein.

Ihr merkt, „Das Honigmädchen“ hält so einiges an Botschaften bereit. Die Autorin hat der Geschichte von Camilla und Marie eine ganz tolle Kulisse und Atmosphäre geschenkt. Das soll übrigens nicht heißen, dass es in Loursaq keine Probleme gibt, im Gegenteil! Die Bewohner dort haben ihre ganz eigenen und speziellen Katastrophen zu bewältigen, darauf dürft ihr mehr als gespannt sein.

Mein Lieblingscharakter ist übrigens der im Klappentext erwähnte Nachbar. Er ist für mich der philosophische Vermittler der Geschichte und glaubt mir: er ist auch noch so viel mehr.

„Das Honigmädchen“ ist für mich ein absolutes Atmosphäre- und Gefühlsbuch, welches dazu anhält, die Alltagsprobleme mal ruhen zu lassen und einfach mal eine Reise zu seinem Inneren Selbst zu unternehmen. Sich selber zu reflektieren, einen anderen Blickwinkel einzunehmen, kann so einiges bewirken. Das malerische Örtchen Loursaq in Südfrankreich, mit seinen herzerwärmenden und teilweise auch verbohrten Bewohnern ist ein super geeigneter Ort dafür. Taucht ab in die Natur, lasst die Bienen zu euch sprechen und seht selbst, was es in euch bewirkt.

☼eure Nicole☼

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert